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Präzise Zielerfüllung

01.02.2017
von f2m | brot+backwaren

Was Akkuratesse und Effizienz bei der Rohstoffbereitstellung heißen können, lässt sich im niederländischen Bleiswijk besichtigen. Zeppelin Systems hat für die neue Bäckerei von Hoogvliet eine Lösung geliefert, die sich durch viele Detaillösungen von anderen unterscheidet.

So werden, wie in modernen Produktionen üblich, die Temperaturen aller Rohstoffe vor der Verwiegung erfasst. Diese Werte liefern die Datenbasis für die Berechnung der Schüttwassertemperatur. Die Rohstofftemperaturen werden in Bleiswijk aber nicht irgendwo gemessen, sondern direkt vor der Dosierung, beim Mehl beispielsweise kurz vor der Einblas-Düse, und das bei jeder Charge zu drei verschiedenen Zeitenpunkten während der Dosierung. Derart akkurate und zeitversetzte Messungen machen es einfacher und sicherer, die Sollvorgabe der Teigtemperatur zu erreichen und einzuhalten. Dafür sorgt eine automatische Temperatur- Korrektur in der Steuerung.

Ein anderes Beispiel ist das Schneckenpoolaustragssystem SPAS. Anders als in der Vergangenheit, als die Mehle aus den Silos zeit- und platzaufwendig über Vibrationsböden und Schleusen aus den Silos geholt, in Pufferbehältern zwischengelagert und erst dann über Schnecken gefördert wurden, steht jetzt dafür eine kompakte Einheit aus bis zu fünf Förderschnecken zur Verfügung. Sie sind in der Lage, gleichzeitig Mehl aus dem Silo in die pneumatischen Saugleitungen von ebenso vielen Linien zu fördern. Bei Hoogvliet kam der SPAS mit drei Förderschnecken und einem parallel laufenden Doppelrührwerk zum Einsatz, welches  eventuelle Produktbrücken über der Austragung eliminiert. Die gesamte Förder- einheit ist nicht nur wesentlich schlanker als die alten Systeme, sondern auch deutlich einfacher zugänglich etwa für Wartungsarbeiten.

Körnermischungen neigen aufgrund der verschiedenen spezifischen Gewichte der unterschiedlichen Saaten und Körner dazu, bei Bewegung des Gefäßes oder Big Bags die Homogenität ihrer Mischung aufzugeben. Dies wurde auch bei umfangreichen Tests im Zeppelin Food Technology Center bei den Mischungen der Fa. Hoogvliet festgestellt. In Bleiswijk werden die Körnermischungen in Big Bags angeliefert und sobald im Vorratsbehälter der Dosierung genügend Platz für den Inhalt eines Bags ist, automatisch dorthin gefördert. Im Vorratsbehälter homogenisiert dann eine permanent rotierende Schnecke die Mischung wieder.

Kleinkomponenten holt das System aus ihren 1 m³ großen Vorratsbehältern und verwiegt sie über Zentralwaagen mit Nachbehältern auf die Kommastelle genau und fügt sie dann den Mittelkomponenten zu. Die Kleinkomponentensilos ihrerseits erhalten ihren Inhalt über eine Sackentleerung.

Steht die Produktion einer neuen Teigcharge an, fördert das System Mehl und Mittelkomponenten (inklusive Kleinkomponenten) zunächst getrennt zu den zwei Wägebehältern oberhalb der Kneter, um sie dann nach Freigabe gleichzeitig in die Knetschale zu entlassen. Eine an dieser Stelle integrierte Plattform-Waage erlaubt außerdem die vom System kontrollierte Handaufgabe von besonders empfindlichen Rohstoffen zum gleichen oder zu einem späteren Zeitpunkt.

Die genannten Beispiele verdeutlichen die Optimierung jedes einzelnen Details dieser Anlage, die im Übrigen nicht nur aus der Feststoffbereitstellung und der Wassermisch- und -dosiereinheit besteht. Auch der vom Hefelieferanten bereitgestellte Hefeauflöser und die IP-Container mit den Öl- Backmittelmischungen sind in die Zeppelin-Steuerung eingebunden, Letztere mit einer eigenen Temperatursteuerung, damit die Öle stets gleichmäßig fließfähig bleiben.

Was den Gesamtentwurf so spannend macht, ist die Tatsache, dass auf Nachfrageänderungen aus den eigenen Supermärkten der Gruppe sehr schnell reagiert werden kann. Die kleinen Vans von Hoogvliet fahren jeden Markt bis zu viermal am Tag an und sorgen so für permanent superfrischen Nachschub. Diese Frische spielt eine große Rolle in der Außendarstellung der Supermarktkette.

Die Mindestabnahmemenge der Backwaren pro Markt liegt bei vier Broten. Es läuft also eine permanente Abstimmung zwischen der Verkaufsfront und der Backwarenproduktion. Durchaus möglich, dass von einer Sorte unerwartet deutlich mehr oder wenige Ware benötigt wird. Um darauf reagieren zu können, optimiert die hauseigene IT permanent den Backplan und gibt die Anforderungen an die Prozesssteuerung in der Bäckerei weiter. Die wiederum optimiert die Chargenreihenfolge und die Chargengröße, die zwischen 80 bis 240 kg variieren darf.

Profinet Feldbus-Systeme von Siemens stellen die Basis der gesamten modularen Steuerung der Rohstofflogistik. Das Konzept verfügt über einen Haupt- oder sogenannten Leistungsschaltschrank und eine Reihe von dezentralen Schaltschränken. Jede der drei Linien und auch die Klein- und Mittelkomponenten-Stationen sind mit einem eigenen dezentralen Schaltschrank ausgestattet. Alle relevanten Kommandostellen vor Ort sind mit einem Client-PC ausgestattet, sodass autorisierte Mitarbeiter für die Eingabe von Befehlen nicht lange durch die Gegend rennen müssen, sondern dort, wo sie sind, alle Änderungen vornehmen können. Jeder Client-PC verfügt über die gleiche Funktionalität wie die Kommandozentrale, vorausgesetzt, der Mitarbeiter kann sich entsprechend ausweisen. Auch die Kommunikation zu nachgeschalteten Anlagen wie Kneter oder Checkweigher klappt so ohne Probleme. Das Werk in Bleiswijk ist noch jung und auf Zuwachs angelegt. Derzeit stehen dort zwei Großbrotlinien mit einer Gesamtkapazität von 7.000 Broten/Std. und eine Kleinbrotlinie, die pro Stunde 24.000 Softbrötchen liefert. Platz für mindestens zwei weitere Linien ist vorhanden und die Rohstofflogistik ist darauf vorbereitet. Die Anschlüsse für zwei Außensilos und vier Big-Bag-Plätze sind bereits vorhanden.

Smart Layout

Bevor sich auch nur ein Stück der gesamten Anlage in den Werkshallen von Zeppelin auf der Fertigungsliste befand, entstand das Ganze in einer Art virtueller Realität am Rechner als 3-D-Modell. Gemeinsam mit Hoogvliet-Produktionsleiter Louis van Gelder, seinen Architekten und Planern wurde das Modell so lange optimiert, bis alle damit zufrieden waren. Dieses Vorgehen nahm zwar Zeit in Anspruch, zeigte aber schon in der Planungsphase seine Stärken. Kollisionen mit Bauteilen anderer Anlagen und der Hygiene abträgliche Engstellen konnten rechtzeitig entdeckt und vermieden werden. Wartungswege ließen sich virtuell sichern und jedes der Baugewerke bekam detaillierte Anweisungen, wo welche Leitungen und Anschlüsse hingehören. Roman Kreher, Projektmanager bei Zeppelin Systems: „Üblicherweise transportiert man auf solche Großbaustellen mehr Material als nötig, um die Arbeit nicht unterbrechen zu müssen. Diesmal waren die Stücklisten so präzise und stimmig, dass sich nicht einmal der Lkw für den Rücktransport gelohnt hat.“